Wie nutzen Unternehmen unsere persönlichen Daten?

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Wir Menschen sind von Natur aus soziale Wesen. Wir lieben es zu kommunizieren, zu interagieren und mit anderen Menschen unsere Erfahrungen zu teilen. Und wir hatten im letzten Jahrzehnt reichlich Gelegenheit um zu beobachten, wie sich diese Wechselwirkungen in unglaublich kurzer Zeit verändert und weiterentwickeln haben. Und genauso wie wir uns durch diese Neuerungen und Einflüsse geändert haben, hat sich auch die Industrie um uns herum verändert.

Wie fing alles an?

Vor ein paar Jahrzehnten waren Ihre Familie und Ihre Bekannten im Wesentlichen nur auf Ihren direkten geografischen Standort konzentriert, vielleicht gab es darüber hinaus noch ein paar „Brieffreunde“ und eventuell besaßen Sie bereits ein Telefon. Die Einführung der digitalen Medien hat jedoch unser soziales Umfeld radikal verändert. Seit den Gründungsjahren der sozialen Medien (Wer kennt noch „Tom von MySpace“?), haben bereits mehr als 3,5 Milliarden Menschen – das sind 55% der Gesamtweltbevölkerung – eine soziale Medienpräsenz. Wahrscheinlich läuft auch gerade bei Ihnen eine ganz neue App im Hintergrund Ihres Mobiltelefons.

Kein Wunder, dass viele Unternehmen diesen Trend schnell bemerkt haben und auf diesen Zug aufgesprungen sind. Deren Hauptinteresse lag darin, nach Möglichkeiten zu suchen, um unsere Online-Aktivitäten bestmöglich für sich selbst zu nutzen. Möchten Sie wissen, welche Daten Sie im Rahmen Ihrer alltäglichen Aktivitäten preisgeben, warum diese erfasst und wie diese verwendet werden? Die Antworten verraten wir Ihnen im weiteren Verlauf dieses Artikels.

Wie wird eine „Social-App“ definiert?

Zunächst ist es wichtig, einige Sachverhalte aufzuklären. Der Oberbegriff „Social App“ bezieht sich nicht nur auf Soziale Medien-Anwendungen wie Facebook, Instagram oder LinkedIn. Eine „soziale App“ kann eine beliebige Anwendung sein, deren Benutzerbasis einige Elemente sozialer Interaktion aufweist. Diese Elemente müssen nicht unbedingt so umfassend sein wie die Netzwerk- und Medienfreigabeoptionen, die die oben genannten Apps bieten. Selbst die einfachste Online-Rangliste reicht aus, um etwas als „soziale App“ zu definieren.

Welche Daten werden gesammelt?

Dies mag wie eine selbsterklärende Frage erscheinen, aber in Wahrheit ist dies überhaupt nicht der Fall. Neben den offensichtlichsten Daten wie Name, Alter, Geschlecht, Geburtsdatum usw. gibt es zusätzliche Informationen, von denen Sie möglicherweise gar nicht davon ausgehen, dass diese Daten auch erfasst werden wenn Sie im Internet unterwegs sind. So wird beispielsweise jedes Mal, wenn Sie sich bei einer Ihrer verwendeten Apps anmelden, angegeben, um welche Uhrzeit Sie sich eingeloggt haben und wie lange Sie online waren. Aber das sind noch nicht alle Datenquellen, nach denen Unternehmen Ausschau halten. Diese interessieren sich auch dafür, welche Inhalte Sie am meisten beschäftigen und für welche Webseiten Sie sich am liebsten ansehen.

Wofür werden diese Daten verwendet?

Die möglichen Anwendungsfälle für unsere abgezogenen Daten sind in deren Spektrum sehr unterschiedlich, aber vieles kann davon unter dem Motto „Personalisierung“ zusammengefasst werden. Die auf Datenanalyse spezialisierten Firmen haben recht schnell bemerkt, dass die Marketingpraktiken der „guten, alten Zeit“ längst vorbei sind und dass sie sich an diese neuen Gegebenheiten rasch anpassen müssen, sofern sie nicht untergehen wollen. Es ist heutzutage komplett wirkungslos, ein einziges weites Netz über alle Benutzer zu werfen und dann die Hände zu falten und zu hoffen, mit dieser Streuung der Marketingaktionen ein möglichst breites Kundenspektrum anzusprechen. Heute gilt, dass die Aktivitäten, die Sie im Web setzten und die den Firmen (in)direkt bekannt gegeben werden, Ihre Erfahrungen, Interessen und Vorlieben wiederspiegeln, und daher auf Sie komplett zugeschnitten werden.

Das Beispiel, mit dem Sie wahrscheinlich am besten vertraut sind, sind personalisierte Anzeigen und Inhalte. Bekannte Webseiten wie Facebook und Instagram ermöglichen es Werbetreibenden, jene Personen zu erreichen, die am ehesten an einem bestimmten Produkt oder einer bestimmten Dienstleistung interessiert sind. Von dort erhalten wir den Begriff „zielgerichtete Werbung“.

Aber die Personalisierung kann auch in gewissen Fällen ein Motor für den „Social-Gaming“-Markt sein. Aus Ihrem Spieleverhalten, egal ob Sie nun rote Vögel auf einige boshafte Schweinchen schleudern, sich mit Süßigkeiten auseinandersetzen, oder kleinste Siedlungen und verwaiste Landstrichte zu blühenden Metropolen ausbauen können, haben Unternehmen Möglichkeiten geschaffen, aus Ihrer Aktivität Kapital zu schlagen. Bespielhaft sollen hier insbesondere die sozialen Casino-Applikationen genannte werden, in denen Sie zwar kostenlos Casino-Spiele spielen können aber dennoch mehrfach im Spielverlauf die Möglichkeit haben, virtuelle Chips zu kaufen, wenn Ihnen das kostenlos zur Verfügung gestellten Spielgeld ausgegangen sein sollte. Sie können also viel Geld in diesen Glücksspieltempeln ausgeben, eigentlich genau so viel wie in Echtgeld-Online-Casinos. Der einzige Unterschied zwischen beiden Angeboten besteht aber darin, dass Sie im Gegensatz zu dem Profi-Casinos in den „Social-Casinos“ niemals etwas von echtem Wert gewinnen können.

Zusammenfassend können wir also feststellen, dass soziale Apps das „Was, Wann, Wo, Wie und mit Wem“ Sie spielen, erfassen. Auf Grund dieser gesammelten Daten werden dann Taktiken angewendet, um deren Aktivitäten nach Belieben zu gestalten. Diese Unternehmen bieten dann auf Sie zugeschnittene Sonderangebote an, fördern das wettbewerbsorientierte Spiel auf globaler und persönlicher Ebene mittels permanent aktualisierten Bestenlisten oder es werden Ihnen Apps, Spiele und Funktionen ans Herz gelegt, die Ihnen gefallen könnten oder auf die Sie möglicherweise abfahren werden. Diese Art von Mechanismus wird als „Gamification“ bezeichnet und kommt überall in der digitalen Welt zum Einsatz, und reicht von kostenlosen Spielen über Sprachlernprogramme bis hin zu Fitness-Trainer-Apps.

Und was bedeutet das alles für Sie?

Unternehmen verwenden nicht nur Ihre im Web hinterlassenen sozialen Daten, sondern profitieren auch von den Datenspuren, die Sie zum Beispiel im Browser-Suchverlauf hinterlassen und im manchen Fällen werden sogar Ihre „Offline-Daten“ angezapft. Diese von Ihnen zumeist unbewusst preisgegebenen Informationen können Ihnen Wohnort, Ihre bevorzugten Lebensmittel, häufig frequentierten Geschäfte bis hin zu Familien- und Kinderveranstaltungen und Ihren aktuellen Krankheiten reichen.

Dieses Datensammeln kann durchaus für Sie problematisch werden, wenn jemals diese Daten gegen Sie verwendet werden könnten, denn Sie werden höchstwahrscheinlich niemals Ihre Zustimmung zu einem solchen „Data Mining“ gegeben haben. Aber dieses Screening der einzelnen Person ist damit noch nicht zu Ende. Alle Ihre veröffentlichten Daten werden gesammelt, gespeichert, verarbeitet und dann so aufbereitet, um ein genaues Profil Ihrer Person zu erstellen und dieses dann auch zu verwenden. Dieses Profil wird dann a) von Partnerunternehmen geteilt oder b) von an unterschiedliche Unternehmen weiter verkauft. Und die alles aus einem einzigen Grund: Gewinn aus Ihren Daten zu machen. Und das alles passiert, ohne dass Sie den blassesten Schimmer davon haben, vollkommen unbemerkt! Am schlimmsten ist wahrscheinlich jener Fakt, dass diese erstellten Profile oftmals völlig falsch sind. Zu oft wurden diese Tatsachen in der Vergangenheit schon dokumentiert.

Hier ist eine besonders erschreckende Geschichte in Bezug auf die Verwendung personalisierter Daten zu erwähnen. 2018 wurden von dem Datenanalyse-Unternehmen „Cambridge Analytics“, die von Facebook gesammelten und (möglicherweise illegal) erhaltenen Daten verwendet, um die US-Präsidentschaftswahlen 2016 entscheidend zu beeinflussen.

Aber es gibt auch die andere Seite der Medaille. Die schlichte Wahrheit besteht darin, dass der Mensch eigentlich seine Bequemlichkeit genießt und in vielen Fällen eigentlich gar nichts dagegen hat, Dinge für sich personalisieren zu lassen. Nur so werden Ihnen jene Annehmlichkeiten, die Sie eventuell sehen und tun möchten, auf einem Silbertablett serviert. Aber diese Tatsache hat aber natürlich ihren Preis. Daher lautet die alles entscheidende Frage: „Wie viel meiner Privatsphäre möchte ich für ein besseres Online-Erlebnis zur Verfügung stellen?“.

Wie besteht Hoffnung in der Zukunft?

Es gibt keine hundertprozentige Möglichkeit, sich vollständig vor der Datennutzung durch Dritte zu schützen. Sie können jedoch Vorsichtsmaßnahmen treffen. So hat vor kurzem Facebook eine Funktion zur Verfügung gestellt, mit der Sie die Verwendung Ihrer Daten bewusst einschränken können. Darüber hinaus hat eines dieser Unternehmen die Webseite „aboutthedata.com“ gestartet, auf der Sie genau nachvollziehen können, welche Informationen diese Unternehmen über Sie bereits abgezogen haben. Leider ist die Branche aber weiterhin bestenfalls undurchsichtig, und wir können nur hoffen, dass wir in der Zukunft in klarerem Wasser surfen können.

Werter Leser, herzlichen Glückwunsch, dass Sie es bis zum Ende dieses Artikels geschafft haben. Jetzt wissen Sie, welche Datenspuren Sie tagtäglich im Internet bewusst oder unbewusst hinterlassen, wie diese verwendet werden und wie Sie diese Taktiken bekämpfen können. Wenn Sie also das nächste Mal genaue auf Ihre Interessen abzielende Anzeigen auf den von Ihnen besuchten Webseiten entdecken und Sie von furchtbar verlockenden Angeboten in einer Ihrer Apps verführt werden, dann wissen Sie jetzt genau, was sich hinter den Kulissen alle so abspielt.

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